COVID-19 (neuartiges Coronavirus) und Blasenkrebs: Was Patienten und deren Familien wissen müssen.
Es ist wichtig, dass sowohl Patienten als auch ihre Betreuer Vorkehrungen treffen, um das Risiko, an COVID-19 zu erkranken, zu minimieren. Wir haben von zahlreichen Blasenkrebspatienten Fragen erhalten, wie sie ihre Krankheit behandeln und gleichzeitig das gesundheitliche Risiko – in Zeiten der Pandemie – verringern können. Hier finden Sie einige Antworten in Übereinstimmung mit den Empfehlungen des Bladder Cancer Advocacy Network. Für die meisten dieser Anregungen gibt es keine Beweise oder Daten, aber wir versuchen, durch Schlussfolgerungen aus der Literatur und dem bisher gesammelten Wissen über COVID und Blasenkrebs einige Leitprinzipien zu erstellen. Bitte bleiben Sie auf dem Laufenden. Denn einige der Antworten könnten sich im Laufe der Zeit, parallel mit der Erforschung des Virus, ändern.
Erhöht die Diagnose Blasenkrebs das Risiko, sich mit dem COVID-19-Virus anzustecken?
Die Diagnose Blasenkrebs selbst erhöht nicht das Risiko, sich mit dem COVID-19-Virus anzustecken. Es ist jedoch wichtig, Patienten und ihre Familien zu informieren, dass während der Behandlung der Krankheit eine erhöhte Wahrscheinlichkeit besteht sich mit COVID-19 zu infizieren.
Da es sich bei Blasenkrebs um einen soliden Tumor handelt, hat er keine direkte Auswirkung auf die Immunzellen Ihres Körpers. Es ist jedoch wichtig sich bewusst zu sein, dass die Diagnose Blasenkrebs häufige Arztbesuche erfordert. Unsere Experten raten daher dringend, bei einer Blasenkrebsbehandlung Ihre Arztpraxis zu kontaktieren um diese über Ihren Gesundheitszustand zu informieren. Reduzieren Sie so die Besuche bei Ihrem Arzt so weit wie möglich, denn diese können Sie und Ihre Familie in Gefahr bringen da sie das Risiko einer Ansteckung in sich bergen. Im Gegenzug können auch Sie medizinisches Fachpersonal unnötigen Risiken aussetzen, sich mit dem Virus zu infizieren.
Erhöht eine intravesikale Behandlung mit BCG bei Blasenkrebs das Risiko, sich mit dem COVID-19-Virus zu infizieren?
Uns liegen keine Belege vor, dass Patienten, die intravesikal mit BCG behandelt werden, leichter an COVID-19 erkranken als Patienten, die nicht mit BCG behandelt werden. Momentan laufen klinische Studien, welche die Auswirkungen der BCG-Behandlung und dem Risiko sich mit dem COVID-19-Virus zu infizieren, untersuchen.
Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass Patienten die in ein Krankenhaus kommen, um diese Therapie zu erhalten, auch ein Risiko eingehen, sich mit dem COVID-19-Virus anzustecken. Es besteht jedoch die Möglichkeit, nachdem ein Patient vier Induktionsdosen erhalten hat, einige Wochen zu warten, bevor die Behandlung fortgeführt wird. In Relation ist die Wahrscheinlichkeit sich bei den Besuchen anzustecken höher, als das Risiko die Dosen fünf und sechs für mehrere Wochen zu verschieben.
Experten haben keine Einwände nach der vierten Dosis eine Pause einzulegen. Bei einer Erhaltungstherapie ist es möglich, nach der Dosis eins und zwei die dritte Dosis komplett wegzulassen. Sprechen Sie diesbezüglich mit Ihrem Arzt. Vermutlich ist eine Verzögerung der BCG Behandlung wesentlich weniger riskant ist als das Risiko, an COVID-19 zu erkranken.
Erhöht eine Chemotherapie oder eine Immuntherapie bei Blasenkrebs das Risiko, sich mit dem COVID-19-Virus anzustecken?
Eine Chemotherapie kann das Risiko einer Ansteckung erhöhen. Es gibt zwei Arten der Chemotherapie bei Blasenkrebs. Die eine besteht darin, das Medikament zur Chemotherapie in die Blase zu verabreichen, was intravesikal erfolgt. Die andere ist intravenös (IV), wobei eine systemische Chemotherapie durchgeführt wird. Eine systemische Chemotherapie hat das Potenzial, eine stärkere Immunsuppression zu bewirken. Es werden hier zwei verschiedene Arten von Chemotherapien eingesetzt, die dichte MVAC und GemCis. MVAC verursacht mehr Neutropenie als die GemCis. Die Neutropenie ist ein Zustand, der mit einer niedrigen Anzahl weißer Blutkörperchen einhergeht. Diese Arten von weißen Blutkörperchen, die so genannten Neutrophilen, werden im Knochenmark gebildet und bekämpfen Infektionen.
Jede dieser Therapien hat Auswirkungen auf die Verfassung eines Patienten, je nachdem wie der Gesundheitszustand zu Beginn der Behandlung ist (d.h. Alter und andere Faktoren). Eine systemische Chemotherapie birgt ein erhöhtes Risiko für die Patienten. Frühe Daten aus Krebszentren zeigen, dass Krebspatienten die gleichzeitig eine Chemotherapie erhielten und sich mit COVID-19 infizierten, schlechtere Ergebnisse erzielten als Patienten ohne Chemotherapie.
Die Immuntherapie hilft dem Immunsystem, den Krebs zu bekämpfen. Allerdings können bei einem von sechs Patienten behandlungsbedingte Komplikationen mit autoimmunen Nebenwirkungen auftreten. Eine Autoimmunerkrankung ist eine Krankheit, die das Immunsystem dazu veranlasst, Antikörper zu produzieren, welche gesundes Körpergewebe angreifen. Diese Patienten müssen unter Umständen hoch dosierte Steroide oder eine immunsuppressive Therapie erhalten. Gerade in dieser Situation können die Patienten dem Risiko ausgesetzt sein, sich mit COVID-19 zu infizieren.
Sind meine Risiken erhöht, wenn ich meine Blase entfernen lasse?
Die aus China und Italien gemeldeten Sterblichkeitsraten bei 60 bis 80jährigen Patienten zeigen, dass die Todesfälle durch COVID-19 mit zunehmendem Alter deutlich ansteigen. Gerade Patienten mit Blasenkrebs fallen in diese ältere Personengruppe. Betagte Menschen haben allgemein ein hohes Gesundheitsrisiko. Ihre Widerstandsfähigkeit gegen eine Infektion, wie COVID-19, ist vor allem während dem Genesungsprozess nach dieser großen Operation besonders beeinträchtigt.
Wenn es einem Patienten gut geht, gibt es für ihn keinen Grund, in der Hochphase dieser Pandemie in die Klinik zu kommen. Die Telemedizin kann durch den Videobesuch den Ärzten bei der Überwachung der Wunde und des Stomas helfen.
Die Experten sind sich einig, dass jede Person die sich für eine radikale Zystektomie entschieden hat jetzt und in den nächsten Wochen äußerst vorsichtig sein muss. Die Wahrscheinlichkeit einer Wiederaufnahme nach einer radikalen Zystektomie liegt bei 30 Prozent. In Städten mit einer großen Anzahl von COVID-19-Patienten gibt es möglicherweise kein Krankenhausbett, das für Sie frei ist. Auf der Intensivstation gibt es vielleicht nur sehr wenige verfügbare Betten gerade dann, wenn Sie diese benötigen.
In manchen Großstädten kann es sogar vorkommen, dass Krebspatienten nicht operiert werden außer, dass ein Organversagen, oder der Verlust von Gliedmaßen droht. Viele Ärzteteams führen über mehrere Wochen gar keine Zystektomien durch.
Auch wenn es in Zeiten der Pandemie zu einer Verzögerung bei der Blasenkrebsbehandlung von einem Monat bis zu sechs Wochen kommt, wirkt sich dies mit großer Wahrscheinlichkeit nicht nachteilig auf den Patienten aus. Wenn Sie auf eine Zystektomie warten, sprechen Sie mit Ihrem Ärzteteam über Ihre Möglichkeiten, einschließlich einer neoadjuvanten Chemotherapie oder anderer Optionen.
Besteht ein geringeres Risiko der Ansteckung mit dem COVID-19-Virus für Patienten, die zur Behandlung von Blasenkrebs in eine kleinere Gemeinschaftspraxis kommen?
Es gibt bei der Behandlung von Blasenkrebs keinen großen Unterschied ob Sie in eine kleine Gemeindepraxis kommen, oder in die Arztpraxis in einer großen Stadt. Das Risiko hängt davon ab, in welcher Region des Landes Sie sich befinden.
Denken Sie daran, dass die Vermeidung sozialer Kontakte hilft Ihr Risiko zu verringern. Halten Sie sich allgemein von Menschen fern, denn diese wissen vielleicht nicht einmal selbst, dass sie infiziert sind. Frühe Forschungen aus China und anderen Ländern haben gezeigt, dass Menschen mit einer überstandenen Krebsbehandlung tatsächlich anfälliger für Infektionen mit COVID-19 sind. Einige Ärzte schlagen auch eine „medizinische Distanzierung“ vor – d.h. eine Reduzierung von Krebspatienten in Gesundheitseinrichtungen – um das Risiko einer Coronavirus-Exposition und -Übertragung bei dieser Risikogruppe zu verringern. Wenn Sie intravesikale oder andere Behandlungen erhalten versuchen Sie diese zeitlich hinauszuschieben. Vor allem da der Staat sich bemüht die Expositions- und Inzidenz-Projektionskurve für neue Fälle abzuflachen.
Können die Patienten ihre Behandlungen während einer COVID-19 Erkrankung erfolgreich weiterführen oder können sie einige regelmäßig geplante Behandlungen hinauszögern?
Wir wissen, dass die Checkpoint-Inhibitoren eine lange Halbwertszeit in Ihrem Körper haben. Gibt es eine Möglichkeit das Risiko eines Patienten zu verringern, damit sich dieser nicht auf dem Weg zur Klinik mit COVID-19 infiziert?
Bei Patienten mit metastasierenden Krankheiten ist das Ziel der Immuntherapie eher eine Palliativtherapie oder die Bekämpfung der Symptome wie z.B. von Schmerzen. In der gegenwärtigen Situation ist es jedoch sinnvoller, den Kontakt mit dem Patienten zu reduzieren und eine Dosis der Immuntherapie zu überspringen.
Patienten mit hochriskanten NMIBC-Refraktäritäten gegenüber BCG können ebenfalls Kandidaten für eine von der FDA zugelassene Immuntherapie sein. Die Erfahrungen aus den klinischen Studien zeigen, dass das Risiko sich bei einem Krankenhausbesuch anzustecken derzeit höher sein kann als der Nutzen der Behandlung selbst. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob es angebracht ist, eine Behandlung zu verschieben oder zu überspringen.
Es gibt jedoch weitere Optionen für eine Heilung: Beispielsweise die neoadjuvante Chemotherapie vor der geplanten Entfernung der Blase. Auch wenn die Chemotherapie zu einer Immunsuppression führt, würden wir einem Patienten dennoch empfehlen, in die Klinik zu kommen um eine Chemotherapie zu erhalten. Dennoch ist hier im Hinterkopf zu behalten, dass COVID-19 eine leicht übertragbare Krankheit ist und die Möglichkeit besteht sich bei einem dieser Besuche zu infizieren. Daher müssen nicht nur Patienten sondern auch das Pflegepersonal Vorsichtsmaßnahmen treffen. Dazu zählen ein regelmäßiges Waschen von Händen und dem Gesicht.
Einer der wichtigsten Faktoren ist jedoch das Verständnis des Patienten, dass für eine erfolgreiche Behandlung der Krankheit auch eine Verschiebung der Therapie notwendig sein kann.